Ein Auszug aus der Geschichte der
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Die Amüsiermeile
Im 17. Jahrhundert begann die Tradition der Amüsierbetriebe im Viertel, mit einem Spielbudenplatz und einem Jahrmarkt. Im 18. Jahrhundert wurde der Hamburger Berg zu einem beliebten Ausflugsziel für Stadtbewohner, vor allem die Spaziergänge auf und vor den Wallanlagen waren begehrt. 1805 wurde das Lokal Trichter in der Nähe des Millerntors erbaut und entwickelte sich zum Anziehungspunkt dank seines auffälligen, spitz zulaufenden Oktogondachs. Ursprünglich ein Holzpavillon, bot es den Gästen die Möglichkeit, kleine Erfrischungen zu genießen.
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Was bedeutet der Name “Reeperbahn”?
Der Name ist eine niederdeutsche Bezeichnung für Seilerbahn “Reeperbahn” und leitet sich von den Reepschlägern ab, die mühevoll die langen, schweren Taue und Trosse (“Reepe”) herstellten.
1930er
Das Café “Lausen” hat eine faszinierende Geschichte. Unter der Führung von Lilo entwickelte es sich zu einem exklusiven Treffpunkt auf dem Kiez. Das Café war bekannt für seine vornehme Atmosphäre und diskrete Anziehungskraft, insbesondere für Damen von besonderem Ruf. Die Barfrauen waren darauf ausgerichtet, sich mit den Gästen zu unterhalten. Im Gastronomieführer von 1966 wird das “Lausen” als elegantes Café mit Marmortischplatten, Orchester, Tanz und vielen Damen, die einsam warteten, überraschend elegant gekleidet, beschrieben. Es zog ein anspruchsvolles Publikum an und wurde für seine stilvolle Umgebung geschätzt.
Der Blick erstreckt sich über die Reeperbahn. Am linken unteren Rand zeichnet sich das Hippodrom ab. Weiter hinten erstrahlt das ehemalige Kasino mit seiner weißen historischen Fassade. Ganz rechts hinten ist der Spielbudenplatz leicht zu erkennen.
Das Allotria, ein Varieté, das von 1936 bis 1958 auf der legendären Hamburger Reeperbahn existierte, war ein Ort der künstlerischen Vielfalt und kreativen Entfaltung. Die Geschichte dieses Etablissements ist eng mit den politischen und gesellschaftlichen Veränderungen Deutschlands in den 1930er Jahren verknüpft.
Das Hippodrom
1953 brachte Willi Bartels Kamele aus Afrika ins Hippodrom, ein Vergnügungslokal auf der Großen Freiheit 10/12 in Hamburg-St. Pauli. Ursprünglich als “Beckers Hippodrom” vor dem Ersten Weltkrieg eröffnet, übernahm Hermann Bartels 1929 das Lokal. Bekannt wurde es durch den Film “Große Freiheit Nr. 7” von 1944. Das Gebäude wurde 1944 durch Luftangriffe zerstört, öffnete aber 1945 erneut. 1948 erwarb Willi Bartels das Grundstück, doch in den 70er Jahren schloss das Hippodrom.
Ein weiteres Hippodrom in der Reeperbahn 136 wurde 1960 zum Top Ten Club. Ein drittes Hippodrom existierte zwischen 1909 und 1919 in der Großen Freiheit Nr. 58, heute als Grünspan bekannt.
Seit 50 Jahren ein fester Bestandteil der Hamburger Kulturszene, hat das Hippodrom zahlreiche Rockstars auf seiner Bühne begrüßt. Die Außenfassade verspricht einen beeindruckenden Anblick. Beim Betreten erwartet die Gäste ein rustikales Ambiente mit Säulen und Empore, das die Location zu einer der stimmungsvollsten der Stadt macht. Das Hippodrom bietet historische Räumlichkeiten für Konzerte, Firmenfeiern, Clubabende, Weihnachtsfeiern, Tagungen und Hochzeiten.
1950er
Die 50er Jahre waren für die Reeperbahn in Hamburg eine Zeit des Wandels und der kulturellen Entwicklungen. St. Pauli entwickelte sich rasant, und besonders die Reeperbahn, zu einem Viertel, das von Künstlern, Schriftstellern und Bohemiens frequentiert wurde. Dies trug zur Entwicklung einer lebendigen Kulturszene bei.
Vor dem Gebäude ist auf der Reeperbahn seit 1996 der Stern von Udo Lindenberg eingelassen
Das Café Keese wurde 1948 von Bernhard Keese als Tanzlokal auf der Reeperbahn gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es besonders für Alleinstehende ein beliebter Treffpunkt. Berühmt wurde der Ball Paradox, bei dem Damen ungewöhnlicherweise die Herren zum Tanz aufforderten – eine Besonderheit in jener Zeit, als viele Männer im Krieg gefallen oder in Gefangenschaft waren. Durch nummerierte Tischtelefone wurde die Kontaktaufnahme erleichtert. Ein imposanter Portier in brokatbesetzter Uniform sorgte für einen freundlichen Empfang und die Auswahl der Gäste. Bei Bedarf griff er auch zu Tränengas, um angetrunkene Störenfriede zu beruhigen, was jedoch selten vorkam.
Im Jahr 1998 verstarb der letzte Betreiber, und aufgrund finanzieller Probleme musste das Café Keese seinen Tanzsalon schließen. Seit 2002 dient das Gebäude als Veranstaltungsort für verschiedene Events. Das Souterrain beherbergt den Ball der einsamen Herzen, zur Reeperbahn hin den Quatsch Comedy Club, und auf der Rückseite des Souterrains finden Clubveranstaltungen wie 16 Monkeys, Bodrum Club, Bar Morphine oder Tunnel statt.
Grundstein für die 60/70er
Es ist wichtig zu beachten, dass die 50er Jahre auf der Reeperbahn den Grundstein für die späteren Entwicklungen legten, die in den 60er und 70er Jahren mit der internationalen Bekanntheit des Viertels, insbesondere durch die Beatles, weitergeführt wurden.
Hans Albers
Im Cafe Lausen entstand das Lied: “Auf der Reeperbahn nachts um halb eins” – Die inoffizielle Nationalhymne Hamburgs. 😉 Das Walzerlied komponiert und geschrieben 1912 von Ralph Arthur Roberts für das Theaterstück Bunt ist die Welt.
1954 entstand der Film “Auf der Reeperbahn nachts um halb eins” – Hans Philipp August Albers wird mit dem Lied weltbekannt.
Silbern klingt und springt die Heuer,
Heut’ speel ick dat feine Oos.
Heute da ist mir nichts zu teuer,
Morgen geht ja die Reise los.
Langsam bummel ich ganz alleine
Die Reeperbahn nach der Freiheit ’rauf,
Treff ich eine recht blonde, recht feine,
Die gabel ich mir auf.
Komm doch, liebe Kleine, sei die meine, sag’ nicht nein!
Du sollst bis morgen früh um neune meine kleine Liebste sein.
Ist dir’s recht, na dann bleib’ ich dir treu sogar bis um zehn.
Hak’ mich unter, wir woll’n jetzt zusammen mal bummeln geh’n.
Auf der Reeperbahn nachts um halb eins,
Ob du’n Mädel hast oder auch kein’s,
Amüsierst du dich,
Denn das findet sich
Auf der Reeperbahn nachts um halb eins.
Wer noch niemals in lauschiger Nacht
Einen Reeperbahnbummel gemacht,
Ist ein armer Wicht,
Denn er kennt dich nicht,
Mein St. Pauli, St. Pauli bei Nacht.
Kehr ich heim im nächsten Jahre,
Braungebrannt wie’n Hottentott;
Hast du deine blonden Haare
Schwarz gefärbt, vielleicht auch rot,
Grüßt dich dann mal ein fremder Jung’,
Und du gehst vorüber und kennst ihn nicht,
Kommt dir vielleicht die Erinnerung wieder,
Wenn leis’ er zu dir spricht:
Komm doch, liebe Kleine, sei die meine, sag’ nicht nein!
Du sollst bis morgen früh um neune meine kleine Liebste sein.
Ist dir’s recht, na dann bleib’ ich dir treu sogar bis um zehn.
Hak’ mich unter, wir woll’n zusammen mal bummeln geh’n.
Auf der Reeperbahn nachts um halb eins,
Ob du’n Mädel hast oder hast kein’s,
Amüsierst du dich,
Denn das findet sich
Auf der Reeperbahn nachts um halb eins.
Wer noch niemals in lauschiger Nacht
Einen Reeperbahnbummel gemacht,
Ist ein armer Wicht,
Denn er kennt dich nicht,
Mein St. Pauli, St. Pauli bei Nacht.
Fassung von Hans Albers
Was ist der Unterschied zwischen Kiez und Reeperbahn?
In St. Pauli ist der “Kiez” das gesamte Viertel rund um die Reeperbahn, einschließlich der Seitenstraßen und angrenzenden Gebiete. Die Reeperbahn ist ein Teil des Kiezes und kann als das Zentrum des Vergnügungsviertels betrachtet werden.
In den späten 70er und frühen 80er Jahren prägte die aufkommende Punk- und New-Wave-Bewegung die Reeperbahn. Clubs wie das “Onkel Pö” wurden zu wichtigen Orten für diese musikalische Subkultur.
70er & 80er
In den 70er Jahren festigte die Reeperbahn ihren Ruf als musikalischer Hotspot. Der “Star-Club” hatte bereits in den 60ern internationale Aufmerksamkeit erlangt, aber auch in den 70ern und 80ern blühte die Musikszene auf der Reeperbahn weiter. Neue Clubs und Musiklokale öffneten ihre Türen, und die Gegend wurde zu einem Anziehungspunkt für aufstrebende Musiker.
Die Reeperbahn behielt ihren Ruf als “sündige Meile” bei, wobei das Rotlichtviertel und das Vergnügungsviertel weiterhin eine wichtige Rolle spielten. Die zahlreichen Bars, Clubs und Unterhaltungseinrichtungen machten die Gegend zu einem beliebten Ziel für Nachtschwärmer.
Gegen Ende der 80er Jahre begannen auf der Reeperbahn Veränderungen durchzusetzen. Die Gentrifizierung setzte ein, und einige der älteren Etablissements und Clubs wurden durch moderne Geschäfte und Unternehmungen ersetzt.
Insgesamt spiegeln die 70er und 80er Jahre auf der Reeperbahn eine Zeit wider, in der die Musikszene florierte, kulturelle Bewegungen aufblühten und die Gegend weiterhin als lebendiges Zentrum des Nachtlebens in Hamburg bekannt war.
90er & 2000er
Die Eröffnung des Casinos markierte den Beginn einer neuen Ära für die Reeperbahn. Schrittweise wandelte sich das einst zwielichtige Viertel zu einem Unterhaltungsbereich. Besonderes Augenmerk wurde auf die Bewahrung der Architektur gelegt. Die originalgetreue Restaurierung des Gründerzeit-Hauses schlug mit umgerechnet 5,1 Millionen Euro zu Buche. Am 7. August 1987 startete der Spielbetrieb mit 24 weiblichen Croupiers.
© Foto von Henning Retzlaff
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Während des Zweiten Weltkriegs erlitt Hamburg erhebliche Zerstörungen. Der heutige Untergrundparkplatz am Spielbudenplatz wurde als Luftschutzbunker konzipiert und konnte ursprünglich 5.000 Menschen aufnehmen. In Phasen erhöhter Bedrohung suchten jedoch zeitweise etwa 20.000 Menschen dort Schutz.
Die Restaurierung des Spielbudenplatzes schlug mit 5,9 Millionen Euro zu Buche und umfasste unter anderem zwei mobile Bühnen, die jeweils 10 Meter hoch waren und mit LED-Elementen ausgestattet waren. Seit der Wiederherstellung des Platzes wird dieser von einer privaten Gesellschaft betrieben, die sich aus den Geschäftsleuten des Spielbudenplatzes zusammensetzt.
In den vergangenen Jahren wurden auf diesem 4.830 Quadratmeter großen Areal verschiedene regelmäßige Veranstaltungen durchgeführt, darunter der wöchentliche Bauernmarkt St. Pauli Nachtmarkt, die wöchentliche Street Food Session und das periodische Food Truck Festival. Zu den festen Highlights zählen auch der jährliche Markt Santa Pauli – Hamburgs XXXmas, der Open-Air-Biergarten im Sommer mit Livemusik sowie regelmäßige kleine und große Events wie Kunstfestivals, Public Viewing während der Fußball-Weltmeisterschaft und die Live-Übertragung des Eurovision Song Contest. Diese Aktivitäten haben sich zu beliebten Anlaufpunkten in St. Pauli und Hamburg entwickelt.
© Foto von Henning Retzlaff
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Goße Freiheit
Ihre Bekanntheit verdankt die Straße den ehemals existierenden Nachtclubs wie dem Salambo, Safari, Colibri, Regina und anderen. Diese Clubs zeichneten sich durch die Präsentation nicht nur von Striptease, sondern auch von intimen Handlungen, teilweise in Kostümen, auf der Bühne aus. Inzwischen sind alle diese Clubs geschlossen. Zu den verbliebenen Traditionslokalen gehören die 1963 eröffnete Monika-Bar in der Großen Freiheit 27, ein Treffpunkt für Transsexuelle, sowie das Lokal Gretel & Alfons in der Großen Freiheit 29 (Hinterhof) aus dem Jahr 1953.
Heutzutage beherbergt die Straße einige bekannte Musikclubs und Diskotheken wie Große Freiheit 36, Kaiserkeller und Gruenspan, und ist ein besonders belebter Teil des Nachtlebens auf der Reeperbahn. In der Großen Freiheit 64 befindet sich immer noch der Indra-Musikclub, in dem die Beatles ihre ersten Auftritte hatten, bevor sie durch ihre Konzerte im Star-Club zu größerer Berühmtheit gelangten. Im Jahr 1968 entstand an der Außenwand des Gruenspan eines der ersten großen internationalen Wandgemälde (600 m²), realisiert von den Künstlern Werner Nöfer und Dieter Glasmacher.
Die deutsche Drag Queen Olivia Jones betreibt in dieser Straße eine Olivia Jones Bar, Olivias Show Club und Olivias Wilde Jungs.
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Im Jahr 1949 gewannen zwei Betreiber von Tankstellen in der Sternschanze die Ausschreibung und gründeten die Firma Reeperbahngaragen Müller und Schütze. Die Finanzierung wurde durch die Esso AG gesichert, und daraufhin begann der Ausbau.
Auf dem Spielbudenplatz errichteten die Betreiber eine Esso-Tankstelle mit einer Autopflegehalle, während der Bunker zu einer Tiefgarage für 200 Pkw umgestaltet wurde. In den mittleren sechziger Jahren musste die Esso-Station auf das angrenzende Grundstück Spielbudenplatz/ Taubenstraße umziehen und wurde dort bis Ende 2013 betrieben. Im Zuge der Neugestaltung des Spielbudenplatzes im Jahr 2006 wurde die Tiefgarage umfassend saniert. Die Schutzdächer an den Ein- und Ausfahrten wurden entfernt, und zwei neue Treppenhäuser wurden hinzugefügt.
Durch die Installation von Schnellaufrolltoren, einem Zutrittskontrollsystem und einer Videoüberwachungsanlage hat sich die Garage zu einer der sichersten Tiefgaragen in ganz Hamburg entwickelt.
Herzlichen Dank an das St. Pauli-Archiv e.V. (www.st-pauli-archiv.de) für das historische Bildmaterial. © Alle Bilder unterliegen dem Copyright und sind ausschließlich für die IG St. Pauli und Hafenmeile und deren Webangebot der Reeperbahn.de bestimmt.