Queen Elizabeth II, Barack Obama und Udo Lindenberg – sie alle sind Wachs in den Händen von Susanne Faerber, Jahrgang 1990. Gemeinsam mit ihrem Vater, Dr. Hayo Faerber, leitet sie in vierter Generation das älteste Wachsfigurenkabinett Deutschlands – das Panoptikum.
Seit 1879 hat der Familienbetrieb seine Adresse am Spielbudenplatz – eine ausgesprochen passende Stelle in unmittelbarer Nachbarschaft zu Hagenbecks Tierschau, „bärtigen Frauen“ am Dom und den Schaubuden direkt vor der Haustür. In einer Zeit, die weder Kino noch Fernsehen kannte, gehörte es zu jenen Orten, an welchen man seine Schau- und Sensationslust befriedigen, Neues entdecken, sich gruseln oder „verzücken“ lassen konnte. Deshalb gehörten fest installierte Wachsfigurenkabinette im 19. Jahrhundert zu den beliebtesten Attraktionen und zum festen Repertoire eines Amüsierviertels von Weltrang.
Das Panoptikum lag exakt am Puls der Zeit: Die Besucher waren begeistert von der wahrhaft märchenhaften Ausstellung aus „lebensechten“ Wachsfiguren und sensationellen „Spezialitäten“. Zwerge und Feen tummelten sich um elektrisch beleuchtete Wasserfontänen, sogar lebendige „Riesen“ waren hier zeitweise zu sehen, während Päpste, Kaiser und Fürsten in prachtvollen Sälen Daueraudienzen abhielten. 1894 war Hermann Friedrich Faerber, ursprünglich ein Tischler aus Ostpreußen, bereits so vermögend, dass er zum ersten Autobesitzer Hamburgs wurde.
Seine Erben hatten es wesentlich schwerer: Der Siegeszug des Kinos in den 1920er Jahren bedeutete das Ende der meisten Wachsfigurenkabinette. Auch das Panoptikum hatte zu kämpfen, überdauerte aber die Krise und erreichte zu Beginn der 1940er Jahre (trotz benachbartem Lichtspielpalast) sogar Besucherrekorde, als in den Bombennächten des Juli 1943die ganze Pracht in Trümmer fiel– bis auf wenige Figuren, die man vorsorglich in der Krypta unter dem Michel eingelagert hatte. Mit diesen wurde 1948 in einem provisorischen Nachkriegsbau neu gestartet, 1961 konnte der Neubau nach den Entwürfen von Heinz Hermann Faerber, Susannes Großvater, eröffnet werden.
Mehr als 135 Jahre hat am Spielbudenplatz 3 eine frühe Form populärer Unterhaltungskultur des 19. Jahrhunderts überdauert. Bis heute fasziniert die Mischung aus Unterhaltung und Bildung, Tradition und Wandel, Lokalkolorit und internationalen Stars – nach einem Rezept, das funktioniert, obwohl sich die Zutaten mit dem Geschmack des Publikums stets verändern. Man darf sich auf die Zukunft des Panoptikums freuen, denn Susanne ist eine ganz ausgezeichnete Köchin….
Text: Eva Decker, Juli 2017
Schreibe einen Kommentar