Der FC St. Pauli ist ein wie der Name schon sagt ein Fußballclub. Doch seit drei Jahren ist noch eine ganz andere Sportart unter das Dach des Vereins geschlüpft. Ein Sport, der nur von jungen Frauen ausgeübt wird und auf den klassischen Rollerskates mit Gummistoppern zelebriert wird.
Das Roller-Derby.
Da das Regelwerk 80 Seiten umfasst, hier die wichtigsten Grundlagen. Gespielt wird mit zwei Teams in zwei Halbzeiten auf einer auf den Hallenboden abgeklebten leicht ovalen Rundbahn. Jedes Team hat einen „Jammer“, dessen Aufgabe ist es, sich durch den gegnerischen Block zu mogeln, zu pressen oder ihn geschickt zu umfahren. Doch das geht nicht so einfach, denn der Block versucht mit allen Mitteln und Körperteilen den „Durchbruch“ zu verhindern.
Da alles auf Rollschuhen passiert, ist es für alle Beteiligten richtig schwierig und Kräfte zehrend. Kein Wunder, dass für Neulinge erst einmal ein halbes Jahr Skaten und Fallen auf dem Programm steht, bevor überhaupt das eigentliche Spiel trainiert wird.
Hat der Jammer den Durchbruch vor dem anderen Jammer geschafft, werden ihm ab der zweiten Runde Punkte gut geschrieben.
Bei den Spielen ist der Halle richtig was los. Die meist männliche Anhängerschaft hat eigene Fangesänge, schwenkt Fahnen und sorgt für die richtige Unterstützung. Das Hamburger Team heißt „Harbor Girls“ und die Sportlerinnen haben alle Kampfnamen wie Miss Zoffi, Ricky Balboa oder Splat Annie.
Begonnen hat alles vor neun Jahren als drei Schwäbinnen nach Hamburg kamen und sich darüber wunderten, dass ihr Sport noch nicht das „Tor zur Welt“ durchschritten hatte. Also wurde flugs eine Struktur geschaffen, ein Name gefunden und die ersten Turniere bestritten. Damals noch alles auf eigene Kosten. Mittlerweile sind über 80 Frauen im Verein aktiv. Trainiert wird teilweise bis zu sechsmal die Woche, da die Muskeln immer gut in Schuss sein müssen. Ein Verletzungsrisiko gibt es – meist trifft es das Sprunggelenk oder das Kreuzband, was übrigens auch eine der häufigsten Verletzungen beim Golfen ist.
Aber no risk, no fun.
Der Verein sieht sich auch als Botschafter von Toleranz. Es gibt eine starke Nähe zur Queerszene, was sich auch in den Symboliken wiederspiegelt. Bei dem letzten Spiel der „Harbor Girls“ gegen das „Vagine Regime „(Endstand: 96:179) trug der Trainer ein Einhornkostüm und es gab eine Regenbogenfarbchoreographie beim Einrollen. Auch lagen sich die Gegenrinnen hinterher in den Armen und bedanken sich gegenseitig für den tollen Fight.
Gerne würde die Harbor Girls mehr Spiele in den Hallen rund um St. Pauli austragen, doch Hallenzeiten in Hamburg zu bekommen ist extrem schwierig.
Ein wirklich mitreißender Sport.
Die nächsten Spiel sind:
22. April: Heimspiel gegen ein Team aus Frankreich (fürs internationale Ranking)
10. Juni: erstes Heim-Bundesligaspiel dieser Saison
Auf Facebook findet ihr die Harbor Girls unter: https://www.facebook.com/harborgirls/?hc_ref=NEWSFEED
Im Web unter: https://harborgirls.de
Hansi
Hätte man hier nicht durchaus auf die Verwendung des generischen Maskulinums (“Der Jammer”, etc.) verzichten können?
Jammer_in, Jammer*in oder allerwenigstens Jammerin wären doch echt drin gewesen.
reeperbahn-admin
Im Regelwerk wird neutral vom Jammer als Spielfigur gesprochen, aber diese Gender correctness hat auch echt Fallstricke. Danke für den Hinweis.